Obersteirischer Zentralraum fordert S-Bahn
Die Städte Trofaiach, Leoben, Bruck, Kapfenberg und Kindberg streben eine gemeinsame Entwicklung eines städteübergreifenden öffentlichen Verkehrs an



Die Großregion Obersteiermark Ost (Bezirke Leoben und Bruck-Mürzzuschlag) hat im regionalen Leitbild das Thema Mobilität als zentralen Faktor für eine positive Stadtregionsentwicklung verankert. Im Sinne der Stadtregion „Leoben - Bruck an der Mur - Kapfenberg" schlossen sich diese Städte zu einer Arbeitsgruppe zusammen und planen eine gemeinsame Entwicklung eines städteübergreifenden öffentlichen Verkehrs, der in Form eines leistungsfähigen Schienenverkehrsmittels eingeführt werden soll.
„Der öffentliche Verkehr und die gute Erreichbarkeit innerhalb der Region sind ein zentraler Faktor zur Absicherung des Wirtschaftsstandortes in der östlichen Obersteiermark. Zur Gewinnung von Führungs- und Fachkräften für unsere Leitunternehmen ist ein attraktives Angebot im öffentlichen Verkehr Grundvoraussetzung", so Regionalmanager Jochen Werderitsch vom Regionalmanagement Obersteiermark Ost.
Welche Bedeutung die S-Bahn für den obersteirischen Zentralraum hat, thematisierten auch die beiden Vorsitzenden des Regionalvorstandes Obersteiermark Ost: „Neben der Schaffung von Arbeitsplätzen in den Regionen ist auch deren Erreichbarkeit wesentlich. Zur stärkeren Verknüpfung bestehender Verkehrsangebote muss in Zukunft die S-Bahn in den Obersteirischen Zentralraum und darüber hinaus ins Mur- und Mürztal weiter ausgebaut werden. Die S-Bahn ist für unsere Region ein Muss", so der Vorsitzende Karl Rudischer und die stellvertretende Vorsitzende Eva Maria Lipp.
Einigkeit herrscht auch unter den Bürgermeistern und Regierungskommissären, die mit Nachdruck den Ausbau der S-Bahn fordern: „Der Raum um Graz ist gut mit der S-Bahn erschlossen, bei uns in der Obersteiermark ist nichts. Es wäre schlau, hier heroben auch etwas zu investieren und langfristig zu denken", sagt Mario Abl, Bürgermeister von Trofaiach.
Regierungskommissär von Bruck, Hans Strassegger, bekräftigt, dass die Gemeinden in dieser Causa keine „Bittsteller" seien, sondern „diesen Ausbau fordern und den Anspruch erheben, gleich behandelt zu werden wie die übrigen Regionen in der Steiermark". Zudem dürfe die S-Bahn nicht nur Halt in den großen Städten Leoben, Bruck, Kapfenberg machen: „Wir erheben den Anspruch auf die beste Lösung für unsere Region und dafür brauchen wir den Ausbau Richtung Trofaiach und Mürztal. Die Region hat diese Infrastruktur verdient", so Strassegger.
Als Grundlage für das Projekt hat das KDZ (Zentrum für Verwaltungsforschung) bei B.I.M. (Beratung und Informationsverarbeitung im Mobilitätsbereich) ein ÖPNV-Konzept in Auftrag gegeben, das die Machbarkeit einer S-Bahn im obersteirischen Zentralraum aufzeigt. Das Projektgebiet für die geplante S-Bahn umfasst die Städte Bruck an der Mur, Kapfenberg und Leoben sowie das Vordernberger Tal bis Trofaiach und das Mürztal bis Kindberg. In diesem Gebiet leben derzeit 95.000 Menschen, die von dem Ausbau der S-Bahn profitieren würden.
Streckenadaptierung teilweise notwendig
Auf der Südbahn (Kindberg - Leoben) sind in Hinblick auf die Einführung eines S-Bahn-Verkehrs keine Adaptierungsmaßnahmen auf der Strecke erforderlich. Die Strecke nach Trofaiach muss jedoch zum Teil saniert werden. Zudem wird im Konzept vorgeschlagen, weitere Haltestellen entlang der Strecke einzurichten, um einerseits die Orte bzw. die bestehenden Siedlungen zu erschließen. Andererseits würden diese neuen Haltestellen auch die Verknüpfung zu den städtischen Busnetzen herstellen. Neu zu errichtende Haltestellen wären etwa in Trofaiach-Gladen, Leoben-Donawitz, Bruck-Westbrücke oder Kapfenberg-Walfersam.
Bürgermeister von Leoben, Kurt Wallner, plädierte für eine sinnvolle Errichtung der Haltestellen, nämlich „dort, wo die Menschen sind. Dann wird das Angebot auch angenommen. Leoben ist mit der Montanuniversität eine internationale Stadt, deshalb ist ein gut entwickeltes Verkehrsangebot unabdingbar."
Was die Taktung betrifft, stellen die Städte folgende Anforderungen an die Verbindung: Die Stammstrecke entlang der Stadtregionen soll Montag bis Sonntag zwischen 05:00 und 24:00 Uhr im Halbstundentakt bedient werden, zu den Stoßzeiten (Montag bis Samstag 06:30 bis 08:30 Uhr sowie 16:00 bis 19:00 Uhr) im 15-Minuten-Takt. Freitag und Samstag sollen ergänzend Züge bis 01:00 Uhr fahren.
Eine vernünftige Taktung der S-Bahn wünscht sich auch der Regierungskommissär von Kindberg, Christian Sander: „Wir brauchen eine Taktung, die rechtzeitig beginnt und lange anhält. Vor allem für die berufstätigen Menschen und die Jugend ist dies ein wichtiger Faktor."
Für das Land Steiermark erklärt Verkehrsplaner Bernhard Breid, dass die S 8 für den obersteirischen Zentralraum im Fokus des Landes stehe und dass ein mehrstufiger Ausbau geplant sei. In der ersten Stufe seien jedoch keine zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen wie Haltestellen und Streckenadaptierungen ins Vordernbergertal vorgesehen. „Aber wir sind gerne bereit, in der Region das wieder zu besprechen", so Bernhard Breid.
Kostenabschätzung
Die Betriebskosten werden anhand der gefahrenen Zugkilometer für die Nahverkehrstriebwagen abgeschätzt. Pro Jahr könnte eine Kilometerleistung von ca. 1,1 Mio. km erbracht werden. Die Kosten je Zugkilometer würden sich auf 11 Euro belaufen, die Betriebskosten pro Jahr auf ca. 12 Mio. Euro. Für die Errichtung von neuen bzw. für die Adaptierung von bestehenden Haltestellen müssten ca. 20,5 Mio. Euro investiert werden.
Was die Finanzierung des Ausbaues und einen möglichen Zuschuss durch die Gemeinden betrifft, appellieren die Bürgermeister an das Land Steiermark: „Die Gemeinden werden sich nicht gegen Gespräche verschließen. Aber es gibt Voraussetzungen, die unter Graz gelten und diese sollen auch über Graz gelten", so Mario Abl. Christian Sander ergänzt: „Wir machen unsere Projekte wie Wohnbau, Kinderbetreuung etc. Jetzt brauchen wir aber das Land, um die Abwanderung ernsthaft zu stoppen."