Ideen gegen die Jugendabwanderung
(Inter-)Nationale ExpertInnen diskutierten in Leoben über die Motive junger Menschen, aus ländlichen Regionen abzuwandern
Kern des Workshops war eine vom Institut für Jugendkulturforschung vorgestellte Expertise zum Thema „Jugendabwanderung im ländlichen Raum". Diese ergab, dass man Jugendliche nur zum Bleiben bewegen könne, wenn man ihre Werte, Wünsche, Bedürfnisse und Kommunikationsstile kennt. „Bei der Werthaltung stehen Familie und Freunde ganz oben. Dann kommen Freizeit und Ausbildung. Rationale Motive wie Ausbildung oder Jobs sind für Migrationsentscheidungen nicht alleinentscheidend", so Philipp Ikrath, Leiter des Instituts für Jugendkulturforschung in Hamburg. Dies unterstrich auch Gerlind Weber, Universitätsprofessorin an der BOKU Wien: „Vor allem sind persönliche Dinge ausschlaggebend. Etwa dem Partner oder der Partnerin nachziehen, oder der Wunsch, selbstständig zu sein. Wenn jemand gehen will, kann man ihm 100 Arbeitsplätze vorsetzen, er wird trotzdem gehen." Gründe für das Bleiben, so Ikrath, seien Heimatverbundenheit, soziale Netzwerke vor Ort, Ruhe, Sicherheit und Natur. Gründe zum Gehen seien hingegen biographische Veränderungen, Defizite in der Nahversorgung (z.B. Kino, Einkaufsmöglichkeiten), Freizeit- und Kulturdefizite oder geistige Enge.
Die ExpertInnen diskutierten auch eingehend über die Themen Arbeit/Ausbildung, Familieninfrastruktur, Image sowie Jugendangebote/Beteiligungsprozesse. Monika Putzing vom Institut für sozialökonomische Strukturanalyse Berlin sagte: „Wenn man Jugendliche in die regionale Entwicklung einbeziehen will, dann muss man entsprechende Möglichkeiten und Strukturen schaffen. Das schließt ein, Jugendlichen vorbehaltlos zu begegnen und ihnen bestimmte Freiräume einzugestehen." Dies unterstrich auch der Schweizer Marcus Casutt von der Kinder- und Jugendförderung „infoklick.ch": „Junge Menschen müssen in ihrer Entwicklungsstufe abgeholt werden. Man muss ihnen einen vielfältigen Austausch mit Gleichaltrigen außerhalb der Familie und der Schule ermöglichen, ihre Ideen ernst nehmen und ihre Stärken fördern."
Bundeskanzleramt Österreich fördert Projekt
Der Workshop ist der erste Teil des Modellprojektes „Jugendliche Lebenswelten". Dieses wird maßgeblich vom Bundeskanzleramt Österreich (Abt. IV/4) und auch vom Land Steiermark (A 6) unterstützt. „Wir sind sehr stolz, dass unser Projekt von offiziellen Stellen gefördert wird. Das zeigt, dass das Thema Jugendabwanderung nicht nur regional, sondern auch national eine große Bedeutung hat", so Jochen Werderitsch, Geschäftsführer des Regionalmanagements Obersteiermark Ost. Auf den Expertenworkshop folgen nun Fokusgruppen mit Jugendlichen aus der Region. Schüler, Lehrlinge und Studenten werden befragt, welche Vor- und Nachteile die Region hat, wie sie das Ausbildungsangebot sowie die Arbeitssituation wahrnehmen und welche Vorschläge sie für ihre Region haben.
Als Ergebnis eine Empfehlung
Die Ergebnisse der Fokusgruppen, des Workshops und der Expertise sind Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung sowie ein Katalog von konkreten Argumenten, der junge Menschen zum Bleiben in der Obersteiermark Ost bewegen soll. Zudem fließen die Ergebnisse in das regionale Leitbild ein. „Mit diesem Projekt gehen wir einem großen Problem - nämlich der Jugendabwanderung - auf den Grund. Wir verschließen nicht die Augen davor, sondern versuchen mithilfe von Experten, aber auch mit Jugendlichen selbst, Motive für das Gehen und Bleiben ausfindig zu machen und Vorschläge für die Zukunft zu entwickeln", so die Regionale Jugendmanagerin und Projektleiterin Valerie Böckel.
















